Passend zur Jahreszeit des rücksichtslosen Medienkonsums habe ich wieder nicht nur Musik- sondern auch drei Serien- sowie eineinhalb Filmempfehlungen am Start.
Musik
Gaerea – Mirage
Gaerea sind unter Black Metal Fans längst kein Geheimtipp mehr. Auch ich habe mich schon sehr für das 2020er Album Limbo sehr begeistern können. Mit Mirage setzen die maskierten Portugiesen(!) ihre Erfolgsgeschichte nun fort und spätestens jetzt sollte jeder Genreliebhaber diese Truppe auf dem Schirm haben. Auf Mirage klingen Gaerea tatsächlich nochmal ein ganzes Stück atmosphärischer als auf dem Vorgänger und spielen meiner Meinung nach mittlerweile auf dem Niveau von Göttern wie Alcest, Mgla und Celeste. Mirage ist tatsächlich auch eines der wenigen Black Metal Alben, die ich unabhängig von Stimmung und Tageszeit gerne höre, was so ziemlich das größte Lob ist, das man als Band von mir bekommen kann.
Disillusion – Ayam
Über diese Leipziger Truppe könnte man auch sicherlich einen kleinen Roman schreiben. Die Bandgeschichte besteht zu gefühlt 99% aus Künstlerpausen und Bandauflösungen, aber hier haben wir es nun: Das vierte Studioalbum einer Band, die offiziell seit 1994 besteht, lol. Und ich war auch etwas skeptisch, muss ich sagen. Waren die ersten beiden Alben Back To The Times Of Splendor und Gloria noch moderne Meisterwerke, war das 2017er The Liberation eher so-lala. Umso angenehmer war die Überraschung, die Ayam meinen Ohren bereitete. Songschreiberisch haben Disillusion trotz ihrer turbulenten Bandkarriere wieder das Niveau von 2004 erreicht und bescheren uns ein durch und durch atmosphäroisches und fesselndes Prog-Metal Album, das definitv auf meiner Top-Liste für dieses Jahr landen wird. Wer Disillusion noch nicht kennt, sollte das spätestens jetzt nachholen!
A Wake in Providence – Eternity
Symphonischer Deathcore ist ja zur Zeit der heiße Scheiß, vor allem da die weiter unten genannten Lorna Shore in letzter Zeit enorme Popularität genießen. A Wake In Providence gehören tatsächlich aber zu den Bands, die den Trend ursprünglich starteten und mit denen auch Lorna Shores Vokalist Will Ramos sein Debut feierte. Das hört man Eternity auch sofort an. Das Album ist von vorne bis hinten sehr tight geschrieben, mit perfekt platzierten Orchestralsamples, saftigen Breakdowns und einer gelungenen Balance aus trockenem Deathcore-Geknüppel und Melodik. Wer gerade frisch mit dem Genre warmgeworden ist, sollte sich A Wake In Providence unbedingt in seine Musikbibliothek aufnehmen.
Architects – the classic…
Wenn Architects ein neues Album herausbringen, landet es natürlich in meiner Empfehlungsliste. Tradition ist Tradition. The Classic Symptoms […] ist wieder ein unverkennbares Architects-Album, deshalb mache ich mir gar nicht die Mühe, darüber großartig etwas zu schreiben. Ihren Kurs behält die Band seit drei Alben stetig bei, deshalb bietet The Class[…] jetzt wenig Überraschungen, ist aber dennoch eine Bereicherung des Band-Portfolios, vor allem da sich Architects im Gegensatz zum Vorgängeralbum hier keinerlei Längen oder Durchhänger leisten. Höre ich wirklich gerne und wirklich oft.
Lorna Shore – Pain Remains
Wie schon gesagt, ist Symphonic Deathcore gerade ziemlich auf dem Vormarsch, und das nicht zuletzt wegen dieser Truppe hier. Bewaffnet mit dem wahrscheinlich besten Vokalisten des Genres und allen Drehreglern auf 11, haben sich die Jungs aus New Jersey schnell einen Platz in die Herzen der Genrefans geprügelt. Einige Leute, die bis Dato nicht von Lorna Shore überzeugt waren, haben ihre Meinung mit der Veröffentlichung von Pain Remains geändert. Die Geheimzutat dieses Albums ist nämlich schlichtweg MEHR. Mehr Breakdowns, mehr Orchestersamples, mehr Kompressor, mehr Blastbeat. Pain Remains reitet stellenweise hart an der Grenze zur Karikatur des Genres entlang. Lorna Shore halten jedoch die Zügel stets fest im Griff und machen Pain Remains somit zu einer der beeindruckendsten Veröffentlichungen des Jahres. Dick.
Within Destruction – Lotus
Manche Bands schrammen knapp an der Übertreibung vorbei und manche scheißen einfach drauf, spielen mit Klischees, sprengen Genregrenzen und sprenkeln das Ganze dann auch noch mit lustigen Samples. Mit diesem Rezept haben Within Destruction mit ihrem Album Yokai damals mein Herz erobert. Das neueste Album, Lotus, übertreibt nicht ganz so hart; vielmehr zeigen die fünf Slowenen, was sie in den letzten Jahren in Sachen Songwriting gelernt haben. Das Ergebnis weiß wirklich zu überzeugen! Ihrem abgedrehten Deathcore-Stil mischen Within Destruction diesmal eine große Portion Melodien mit Ohrwurmcharakter bei, was Lotus nochmal etwas besser durchhörbar macht als den Vorgänger. Dadurch rücken sie stilistisch auch ziemlich nahe an Bands wie August Burns Red und Alpha Wolf, aber ohne dabei wie ein billiger Abklatsch zu klingen. Und das ist letztlich auch, was ich an diesem Album so schätze: Die Band hat ihren unverkennbaren Sound beibehalten, mit all den abgedrehten Samples, Blastbeats und absichtlich übertriebenem Dialekt. Damit wird dieses Album zur uneingeschränkten Empfehlung an alle vom euch Pimmel, die diesen Satz gerade lesen. Drückt auf Play jetzt.
Serie
Andor

Disney hatte durch die gnadenlose Ausschlachtung des Star Wars Franchise zuletzt auch bei hartgesottenen Fans so etwas wie eine Franchise-Müdigkeit ausgelöst. Umso beeindruckender fiel die Überraschung über die Star Wars: Andor Serie aus, die selbst harte Kritiker überzeugen konnte und die Herzen der Zuschauer gerade im Sturm erobert. Andor überzeugt durch eine packende Geschichte, hervorragend geschriebene Dialoge, interessante Charaktere und eine großartig agierende Schauspielerriege. Viele sagen sogar, hierbei handle es sich um den besten Star Wars Content seit zwanzig Jahren und ich kann da nur schwer widersprechen. Andor erzählt die Geschichte des namensgebenden Schmugglers Cassian Andor, der sich durch einen waghalsigen Deal plötzlich mitten im heißen Konflikt zwischen Imperium und Rebellion wiederfindet. Die Serie entwickelt sich dabei von einem spektakulären Heist-Movie zu einem packenden Gefängnisdrama und beschreibt dabei in bisher nie gesehenem Detail den Alltag unter der despotischen Herrschaft des Imperiums, politische Intrigen sowohl in den Reihen des Imperiums als auch der Rebellion, und stellt persönliche Schicksale und Beweggründe in den Vordergrund. Im Gegensatz zu den bisher gesehenen Star Wars Produkten geht es hier nicht um Lichtschwert- oder Blasterschwingende Helden, die eine Sidequest nach der anderen absolvieren; Andor wagt eher einen Blick hinter die Kulissen und beleuchtet die Strippenzieher hinter Rebellion und Imperium in intimen und dialoglastigen Szenen, was für dieses Franchise sehr ungewöhnlich ist. Mit Tony Gilroy (The Bourne Identity) hat sich Disney dafür endlich mal wieder einen fähigen Drehbuchautoren gegönnt und das zahlt sich sowas von aus. Andor ist unabhängig davon, ob man Star Wars Fan ist oder nicht, eine brillant umgesetzte und sehenswerte Serie, die ich bedenkenlos jedem ans Herz legen kann.
The Old Man

Disney+ hat viel Scheiß im Programm, aber vereinzelt finden sich Perlen wie diese Serie hier. The Old Man dreht sich um einen sprichwörtlich alten CIA-Agenten Dan Chase (umwerfend toll gespielt von Jeff Bridges), der plötzlich aus seinem Ruhestand gerissen und aus zunächst unerfindlichen Gründen von seinem ehemaligen Arbeitgeber gejagt wird. Chase erweist sich jedoch als ziemlich zäher Brocken, der nicht ganz unvorbereitet auf diese Art Situation zu sein scheint. The Old Man startet mit der angemessenen Menge Action, die man hinter einer solcher Plot-Zusammenfassung spontan erwarten würde, nimmt dann aber beizeiten auch wieder das Tempo heraus, um mit toll geschriebenen Dialogen und einfühlsam inszenierten Momenten die Beweggründe und Geschichten der verschiedenen Protagonisten zu erzählen. Die Umsetzung ist dabei wirklich super geworden; Schauspieler, Pacing, Kamera, Musik… hier stimmt einfach alles. Wie schon gesagt, war ich recht überrascht, dass Disney+ überhaupt anspruchsvolle Eigenproduktionen für ein reiferes Publikum im Angebot hat. Umso dankbarer bin ich natürlich für diese Empfehlung, die aus meinem engsten Freundeskreis kam. Danke!
Stranger Things 4

Ich hatte nach Staffel Zwei ganz vergessen weiterzuschauen, deshalb musste ich neulich die dritte und vierte Staffel von Stranger Things natürlich am Stück binge-watchen. Staffel 3 war zwar gut, hat aber für mich nicht ganz die typische Stranger-Things-Magie transportiert wie die ersten beiden Staffeln. Die vierte hat es dafür umso mehr in sich. Die mitreisende Inszenierung, gut geschriebene Story, Musikauswahl und die Charaktere machen diese Staffel zu einem grandios unterhaltsamen Erlebnis. Schön finde ich auch vor allem, dass jeder Charakter diesmal einen „moment to shine“ bekommt und einer davon hat sich besonders bei Metallica-Fans wohl auch schon herumgesprochen ;). Da übersieht man auch gerne, dass der Hauptbösewicht an manchen Stellen etwas blass inszeniert wird. Wer wie ich die zweite Hälfte dieser Serie verpennt hat, kann sich jedenfalls gewiss sein: Weiterschauen lohnt sich!
Film
Underwater

Auch das hier ist eine Empfehlung aus meinem Freundeskreis gewesen. Underwater ist kein besonderes Meisterwerk, über das ich hier viele Worte verlieren werde. Aber es ist ein kurzweiliger und unterhaltsamer Horrostreifen mit dichter Atmosphäre coolem Artdesign und überzeugend arbeitenden Schauspielern. Positiv sticht hier vor allem Kristen Stewart, die hier eine überraschend gute Performance hinlegt. Nur das Ende des Filmes ist leider ziemlich misslungen. Naja… Hab ich den Film nur als Zwischenspiel und Überleitung zum nächsten Listeneintrag benutzt? Möglich.
The Batman

Bleiben wir bei ehemaligen Twilight-Darstellern. [anm. d. Red. Ha! Was für eine Überleitung.] Als Robert Pattinson für den Batman gecastet wurde, gingen einigen Leuten ja die Hüte hoch. Verständlich, denn Herr Pattinson ist jetzt alles andere als ein durchtrainierter Rohling, den man in ein Fledermauskostüm stecken würde, um Kriminelle zu verprügeln. Die Inszenierung von Matt Reeves, der für Regie und teilweise auch das Drehbuch verantwortlich war, macht die Besetzung aber dann doch irgendwie passend. The Batman ist pechschwarz, verregnet und ziemlich gothic. Das ist jetzt nicht besonders innovativ für das Franchise, aber diesen Part erledigt Reeves Team auf ganz andere Weise: Durch Verwendung antiker Objektive, ungewöhnlicher Kamerawinkel, gewagtem Artdesign und expressivem Color Grading wirkt The Batman erfrischend experimentell. Die Köpfe hinter diesem Film wussten, dass sie gar nicht erst versuchen brauchen, Nolan’s Werke nachzuahmen, also haben sie alles anders und dadurch alles richtig gemacht. In so ein Setting kann man dann auch gerne einen Kajalverschmierten Milchbubi setzen, der letztlich aber tatsächlich in seiner Rolle überzeugt. Die drei(!) Stunden für diesen Film aufzuwenden, lohnt sich also definitiv.