Lange Zeit war der 16-jährige Tropfen der einzige aus dieser Islay-Destillerie, der in herkömmlichen Händlerregalen vorzufinden war. An sich ein ziemlich selbstbewusster Move, denn die meisten Distillen werfen 12-Jährige als Hauptrodukte auf den Markt, die billiger und einfacher zu produzieren sind. Dass der 16er sich so lange Zeit als Hauptprodukt gehalten hat, lässt schon erahnen, dass sich Lagavulin damit eine große und eingefleischte Fangemeinde geschaffen haben. Diese erhebt seit Ewigkeiten auch schon den 16er zur Standardempfehlung eines jeden, der mehr als einen Stundenlohn für eine Flasche Whisky ausgeben möchte.

Einen weiteren Popularitätsboost erhielt die Marke auch durch den Charakter Ron Swanson aus der TV-Serie Parks and Recreation, der den Lagavulin 16 regelmäßig anpreist. Ron Swanson mag rauchige Whiskys, riesige Steaks und ist sozial ein bisschen unbeholfen; also quasi eine 1:1 Kopie von mir, aber mit besserem Kleidungsstil und einem unwiderstehlichen Schnauzbart. Ich habe nie herausgefunden, ob Diageo (denen Lagavulin gehört) für dieses Product Placement gezahlt haben, aber effektiv war es auf jeden Fall. Wer die Serie übrigens noch nicht gesehen hat, dem sei hier eine Empfehlung ausgesprochen, denn ich finde diese Sitcom ziemlich witzig.
Aber wir wollen hier nicht über Sitcoms und Marketing reden, sondern über unsere Vorliebe für hochpreisigen Schnaps. Wie schon erwähnt, sitzen Lagavulin auf der Insel Islay, deren Destillerien für ihren ausgiebigen Torfgebrauch und ihren deshalb sehr rauchigen Whisky bekannt sind. Wer Raucharomen in seinem Whisky also nicht mag, kann den Lag 16 links liegen lassen. Ihr müsst aber trotzdem den Artikel zuende lesen, weil ich diesen Monat noch auf 2 Cent Werbeeinnahmen kommen will.
Also… Ran an den Speck!
In der Nase
Malaka mein Glas riecht, als hätte jemand ne Sauna angezündet. Die Duftwolke, die aus dem Glas steigt, trägt Aromen von frischem Kiefernholz mit sich. Dazu kommt eine leichte Rauschwade, die aber nicht wie bei Ardbeg nach Aschenbecher oder wie bei Laphroaig nach geschmolzenem Verbandskasten riecht. Vielmehr riecht sie nach frischem Holzrauch, brennende Sauna eben.
Hat sich die Nase einmal daran gewöhnt, kann man im Glas zudem noch eine leichte Meeresbrise ausmachen, was für Whiskies von den Inseln auch nicht untypisch ist. Auffällig ist noch das Ausbleiben jeglichen Alkoholbrennens. Klar, ist der Lag 16 jetzt mit 43 Volumenprozent auch eher sanft, aber ich hab mir auch schon mit 40%igem die Riechzellen verätzt…
Im Mund

Bereits beim Einschenken wird so manchem auffallen, dass der Lagavulin eine etwas ölige Konsistenz hat. Diese sorgt für ein sehr weiches und schmeichlerisches Mundgefühl, das den Weg für die erste große Geschmacksnote ebnet. Oder einölt. Whatever. Einmal im Mund verteilt, verbreitet der Lagavulin dort sofort ein prägnantes Torfraucharoma. Ich würde ihn nicht als Rauchbombe bezeichnen, aber dieses Aroma nimmt schon ordentlich Platz auf der Bühne ein. Ausbalanciert wird der Rauch von einer leichten malzigen Süße, die sich aber so zurückhält, dass der Whisky insgesamt nicht süß schmeckt. Ein hervorragend gelungener Balanceakt! Beim zweiten und dritten Schluck schleicht sich dann auch etwas Salzigkeit mit ein, was das Islay-Erlebnis quasi komplett macht. Auf jeden Fall wird unmissverständlich klar, warum dieser Schnaps so einen Kultstatus besitzt. Er ist nicht übermäßig komplex oder bietet irgendwelche exotischen Geschmackserlebnisse; aber die detektierbaren Aromen wirken alle sehr plastisch, voluminös und sehr gut definiert, was natürlich auch den 16 Jahren Reifezeit geschuldet ist.
Abgang
Der Nachgeschmack des Lagavulin 16 hält ziemlich lange an, aber schmeichelt den Gaumen nicht unbedingt. In diesem Fall meine ich das aber positiv! Zu den Torfrauchphenolen, die sich relativ lange am Gaumen halten, gesellen sich noch ein paar Tannine, die entfernt an Traubenkerne oder Apfelrinde erinnern. Das gibt dem Aromakonstrukt einen neuen Twist, geht aber nie so weit, dass es unangenehm oder zu bitter wird. Nice.
Mit Wasser
Wenn man einen Islay mit Wasser versetzt, zieht man normalerweise eine Gasmaske auf, denn die Raucharomen werden bei diesem Vorgang zuerst flüchtig und blasen einem besonders intensiv in die Nase. Beim Lagavulin bleibt dieser Effekt aber interessanterweise aus. Stattdessen kommt das Malzaroma etwas mehr zum Vorschein.
Geschmacklich tut sich nicht viel, denn die Balance der unterschiedlichen Aromen bleibt in etwa gleich. Malzzucker und Rauch werden vielleicht ein wenig besser getrennt und wirken dadurch subtil etwas voluminöser; aber gleichzeitig wird das Ganze dann auch schnell wässrig und dünn. Ich persönlich würde das Wasser also weglassen.
Fazit

Der Lagavulin 16 ist ein absolutes Standardwerk. Sowohl Whisky-n00bs als auch eingefleischte Kenner schätzen ihn für seine Einfachheit, Eleganz und Reife. Ein Tropfen, den man gerne Gästen anbietet und auch zwischendurch für einen gemütlichen Abend (am besten am Feuer) genießen kann. Er ist einfach zu trinken, einfach zu bekommen und auch noch ziemlich fair bepreist (zum Zeitpunkt des Testens um die 75€); was will man mehr?
Wertung: 5 von 5 Punkten
Aufschlüsselung des Punktesystems:
0/5: Nicht für den menschlichen Verzehr geeignet
1/5: Pfui Alter, geh weg damit!
2/5: Zum Mischen mit Freeway Cola geeignet
3/5: Not great, not terrible
4/5: Solide, kann man sich zwischendurch mal gönnen
5/5: Herausragendes Geschmackserlebnis, muss man probiert haben!