Die Idee darüber zu schreiben, was sich viele Leute für abartiges Zeug auf die Haut schmieren, hatte ich schon länger. Kürzlich bin ich aber über einen Artikel gestolpert, laut dem auf den Florida Keys nun der Verkauf gewisser Sonnenschutzmittel verboten wird, da sie die örtlichen Korallenriffe gefährden. Ja richtig gelesen: Das Zeug, das sich Millionen von Menschen regelmäßig auf die Haut schmieren, enthält potente Umweltgifte, die Korallenriffe und andere Organismen töten können und letztlich auch für den Anwender selbst eine Gefahr darstellen können. Genug Grund, mal einen genauen Blick auf die Inhaltslisten beliebter Kosmetika zu werfen und aufzuklären, warum einige Leute trotz oder genau wegen regelmäßiger Verwendung von Hautpflegeprodukten aussehen, als wären sie dem Terrarium des örtlichen Zoos entkommen.

Dazu habe ich einfach die Bestsellerlisten auf Amazon und Douglas in der Kategorie Sonnenschutz, Anti-Aging und Hautpflege genommen und die Inhaltsangaben der beliebtesten Produkte quergelesen. Ein paar Stoffe die mir dabei auffielen habe ich mir dann herausgeschrieben und recherchiert. Kein sehr wissenschaftliches Vorgehen, aber ich habe auch noch andere Dinge in meinem Leben zu tun, z.B. Bier trinken und Stützräder vor der Behindertenschule klauen. Hier ist also eine kleine Liste der Gründe, warum Tagescremes, Anti-Aging-Masken et cetera für den Arsch sind:
Oxybenzon, Octocrylen, Avobenzon
Die Übeltäter aus der Einleitung dieses Artikels. Hierbei handelt es sich um die geläufigsten Stoffe in Sonnencremes, aber auch in diversen Tagescremes. Grundsätzlich wirken diese Stoffe alle mehr oder weniger gleich: Sie ziehen in die Haut ein und absorbieren dort UV-Licht, bevor es an die Zellkerne gelangt und dort zu DNA-Veränderungen oder Zellsterben führt. An sich eine feine Sache, allerdings zerfallen Oxybenzon und Avobenzon unter längerer UV-Einwirkung in allergieauslösende Stoffe, was hochgradig uncool ist. Des Weiteren stehen diese beiden Stoffe unter strengem Verdacht, Korallen auszubleichen und jetzt bereits für einen großen Teil des Korallensterbens vor Hawaii verantwortlich zu sein. Das macht Nemo sehr unglücklich.

Bis 2021 sollen Sonnencremes mit diesen Wirkstoffen dort komplett vom Markt verschwinden, aber angesichts erwähnter Tatsachen wüsste ich nicht, warum man sich jetzt immer noch Sonnencremes mit diesen Wirkstoffen kaufen sollte. Hierzulande findet man das Zeug zum Glück kaum noch. Stattdessen wird auf den Stoff Octocrylen ausgewichen. Der ist noch nicht besonders gut erforscht, allerdings machen einige Studien bereits sehr nachdenklich: So scheint Octocrylen nicht nur die Hautbarriere zu einfach zu passieren; es ist mittlerweile Ortsweise im Trinkwasser zu finden und reichert sich in Hirn und Fortpflanzungsorganen von Zebrafischen an. Auch die sind wahrscheinlich sehr unglücklich darüber. Was das Zeug sonst noch mit unserer Umwelt anrichten wird, werden wir wohl erst in ein paar Jahren erfahren.
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969714000242?via%3Dihub
Benzylbenzoat
Wird als Mittel gegen Krätze eingesetzt und hat auch sonst ein breites Anwendungsspektrum. Vor allem als Lösungsmittel und Fixateur. Warum das in den meisten Produkten enthalten ist, die sich viele Leute täglich auf die Haut schmieren (und wie sinnvoll das ist), entzieht sich meinem Verständnis. Benzylbenzoat wirkt darüber hinaus hochgradig reizend auf Schleimhäute, kann Kontaktallergien auslösen und zerfällt unter Sonneneinstrahlung in giftige Substanzen, die einen Sonnenbrand verursachen können. Auf gut Deutsch: Im Grunde genommen könnt ihr euch auch mit Benzin einreiben und davon die gleichen Anti-Aging Effekte erhoffen. So geht Hautpflege!

Aus https://de.wikipedia.org/wiki/Benzoes%C3%A4urebenzylester
Parabene
Hierbei handelt es sich mit aller Wahrscheinlichkeit um die grün leuchtende Brühe, in die die Teenage Mutant Hero Turtles gefallen waren. Parabene sind nicht nur potente Allergene (allergieauslösende Stoffe), sie sind auch hormonell wirksam.

Für die Ungebildeten unter euch übersetze ich das: Parabene sind ähnlich gebaut wie menschliche Hormone und werden vom Körper deshalb auch als solche erkannt. Besonders der Testosteron-/Östrogenhaushalt ist dafür ziemlich anfällig. So kann es also zu Stimmungsschwankungen kommen, verminderter Libido, unerwünschtes Wachstum von Titten oder sogar Krebs. Die gefährlichsten Vertreter dieser Stoffgruppe sind mittlerweile zum Glück vom Markt verbannt worden. Ethyl- und Methylparaben sind aber nach wie vor in vielen Produkten zu finden und es ist mir ein Rätsel, warum manche Hersteller diese Grütze noch immer in ihre Pflegeprodukte schmuggeln. Ihr solltet auf jeden Fall einen großen Bogen darum machen, wenn ihr nicht eines Morgens mit ein paar Extra-Körperteilen aufwachen wollt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Parabene
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/jat.1358
https://silentspring.org/research-update/lower-doses-common-product-ingredient-might-increase-breast-cancer-risk
Butylphenyl Methylpropional

Hauptsächlich findet dieser Stoff, der auch unter dem Namen „Lilial“ vertrieben wird, Verwendung als Duftstoff. Riecht lecker nach Maiglöckchen und ist ungefähr auch genauso giftig. Die Europäische Verbraucherschutzkommission hat Studien zu diesem Stoff unter die Lupe genommen (siehe Quellenangabe) und kam zu sehr unschönen Ergebnissen: Ratten, die Lilial über die Nahrung zu sich nahmen, bekamen Schrumpfhoden oder Totgeburten. Dazu wird der Stoff auch noch als allergieauslösend klassifiziert. Super, dass er besonders oft in Handcremes Verwendung findet!
http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/consumer_safety/docs/sccs_o_189.pdf
Retinylpalmitat
Wenn man nach dem Stoff auf Wikipedia sucht, lernt man zunächst, dass es sich dabei um eine Vorstufe des Vitamins A handelt. Also alles kein Problem, muss ja gesund für die Haut sein. Weit gefehlt: Bei Labormäusen wurde beobachtet, dass Retinylpalmitat in Anwesenheit von UV-Strahlung das Wachstum von Hautkrebs beschleunigen und begünstigen kann.

Nicht alles ist überall im oder am Körper gleich gut aufgehoben, was hier wieder eindrucksvoll bestätigt wurde. Die Studienlage dazu ist zwar noch etwas dünn, aber wenn das amerikanische National Toxicology Program zu dem Schluss kommt, dass etwas krebserregend ist, kann man das durchaus ernst nehmen.
https://en.wikipedia.org/wiki/Retinyl_palmitate
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/m/pubmed/28130778/
Acrylamid

Acrylamid ist, wie wir alle wissen, der Grund dafür, dass die Pommes bei Burger King nicht mehr schmecken. Das Zeug entsteht grundsätzlich beim starken Erhitzen von allem möglichen Kram (inklusive Kartoffeln), weshalb Fast Food Restaurants die Fritteusen herunterregulieren mussten. Ergo: Labbrige Pommes. Acrylamid ist in Reinform giftig und höchst wahrscheinlich hart Krebserregend, weshalb Pommes und Bratkartoffeln eine Zeit lang die Schlagzeilen jeder Tageszeitung dominiert haben. Was wir nun davon haben sind strikte Regulierungen für diverse Lebensmittel und strenge Sicherheitsvorschriften beim Umgang mit dem Zeug im Labor (wird häufig in der Molekulargenetik verwendet). Warum zum Teufel habe ich das Zeug dann in den Inhaltsangaben von mindestens zwei Kosmetikprodukten gefunden?

Merke: Was man im Labor üblicherweise nicht ohne Handschuhe anfasst, schmiert man sich besser nicht ins Gesicht.
Mikroplastik

Wie wir mittlerweile alle wissen, ist Mikroplastik das moderne Äquivalent zu Hitler, dem Beelzebub und Pol Pot. Laut dem WWF nehmen wir wöchentlich ungefähr eine Kreditkarte (ohne Guthaben) in Mikroplastik zu uns. Klingt unappetitlich, aber es kommt noch dicker. Dass die in Kunststoff enthaltenen Weichmacher, Lösungsmittel und andere Stoffe unser Hormonsystem negativ beeinflussen ist mittlerweile ein alter Hut (der unter Testosteronmangel, Brustkrebs und Unfruchtbarkeit leidet), auf dem ich nicht weiter herumreiten werde. Ganz neu ist aber, dass Plastikpartikel in unseren Ozeanen neben den üblichen Lebensformen auch Cyanobakterien töten. Diese Mikroorganismen betreiben Fotosynthese und sind durch ihre schiere Zahl ein Schwergewicht, was die globale Sauerstoffproduktion (und CO2-Abbau) angeht. Bis zu 10% des weltweiten Sauerstoffs gehen auf das Konto dieser mikroskopisch kleinen Kerlchen! Wer die Tragweite dieser Erkenntnis jetzt noch nicht begriffen (und dabei ein bisschen Schnappatmung bekommen) hat, sperrt sich am besten jetzt sofort zu seinem SUV in die Garage und lässt den Motor laufen, damit der menschliche Genpool eine kleine Verschnaufpause bekommt. Wer wissentlich Pflegeprodukte benutzt, die Mikroplastik enthalten, kann eigentlich auch gleich im brasilianischen Regenwald Lumberjack spielen gehen oder ne Tankladung Chlorbleiche über dem Great Barrier Reef ausleeren.

Um euch das Erkennen dieses Zeugs etwas zu vereinfachen, habe ich eine Liste von der Webseite des NDR geklaut:
• Acrylate Copolymer (AC)
• Acrylate Crosspolymer (ACS)
• Dimethiconol
• Methicone
• Polyamide (PA, Nylon)
• Polyacrylate (PA)
• Polymethylmetacrylate (PMMA)
• Polyquaternium (PQ)
• Polyethylene (PE)
• Polyethyleneglycol (PEG)
• Polyethyleneterephtalate (PET)
• Polypropylene (PP)
• Polypropyleneglycol (PPG)
• Polystyrene (PS)
• Polyurethane (PUR)
• Siloxane

Wenn ihr einen oder mehrere dieser Stoffe auf der Inhaltsstoffliste eines Pflegeproduktes findet, steckt es in eine Rakete und schießt es in die Sonne.
https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Mikroplastik-in-Kosmetik-erkennen,plastik368.html
https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Mikroplastik-in-Kosmetik-erkennen,plastik368.html
https://www.eurekalert.org/pub_releases/2019-05/mu-inj051219.php
https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Report-Aufnahme_von_Mikroplastik_aus_der_Umwelt_beim_Menschen.pdf
EDTA

Hierbei handelt es sich um ein Komplexsalz, das in verschiedenen Varianten in allem möglichen Scheiß vorkommt, zum Beispiel als Konservierungsmittel in Kontaktlinsenlösungen und Kosmetika und als Gerinnungshemmer in Blutabnahmeröhrchen. Obwohl das einer der weniger bedenklichen Stoffe auf dieser Liste ist, sollten wir uns langsam mal die Frage stellen, ob ein Stoff, der normalerweise in der Natur nicht vorkommt, etwas in fast jeder Trinkwasseranalyse des Planeten zu suchen hat. Das Problem ist, dass EDTA Metalle aller Art an sich bindet und somit auch Schwermetalle aus Leitungen oder Flussbetten lösen kann, welche dann letztlich in unsere Nahrungsmittel und unser Trinkwasser gelangen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ethylendiamintetraessigs%C3%A4ure#Umweltverhalten
Schlusswort
Das war jetzt nur ein kleiner Einblick in all die unnötigen und giftigen Dinge, die sich Menschen in aller Welt täglich auf die Haut schmieren. Wer da noch aufwendiger recherchiert als ich, wird auf noch viel mehr fieses Zeug stoßen und letztlich wie ich zu der Erkenntnis gelangen, dass all die Kosmetik- und Anti-Aging-Produkte eher Schaden anrichten. Gegen ein bisschen Feuchtigkeitspflege und Styling spricht im Grunde genommen nichts, wenn man ein bisschen darauf achtet, welche Mittel man dafür einsetzt. Für die meisten Menschen würde es sowieso völlig ausreichen, ihr Leben einigermaßen in den Griff zu bekommen (Alkohol, Nikotin, Drogen, Schlafpensum, Sport).